Sissi Stein-Abel lebt in einem erloschenen Vulkan. Seit Anfang 2004 wohnt die gebürtige Schwäbin in Lyttelton/Neuseeland, mit Traumblick auf eine fjordartige Hafenbucht und die Berge der Banks-Halbinsel.
Die ehemalige Sportredakteurin arbeitet als freie Journalistin und Autorin für deutsche und Schweizer Medien. Sie liebt die Natur, insbesondere Koalas (nein, die gibt’s in Neuseeland nur aus Plüsch!) und Vögel, Pohutukawas und Baumfarne.
Früher war Sissi Stein-Abel als Speerwerferin sportlich aktiv. Auch heute kennt sie sich noch sehr gut im Sport aus: nicht nur im Fußball, sondern auch im Rugby und Cricket.
Außerdem wandert Sissi Stein-Abel für ihr Leben gerne. Sie fotografiert, malt und geht nie ohne ihren Reisebär Kimi auf große Tour.
Neuseelands Tiere, Pflanzen und Traumlandschaften
Neuseeland ist ein wahres Naturparadies: Hier leben die kleinsten Delfine und seltensten Pinguine der Welt. Flugunfähige Vögel kreuzen einem den Weg, während man zwischen saftigen Urwäldern, auf weißen oder schwarzen Stränden oder in der Nähe von Gletschern oder Geysiren unterwegs ist.
In Naturwunder Neuseeland beschreibt und erklärt Sissi Stein-Abel, was Neuseeland so einzigartig macht und liefert wichtige und interessante Hintergrundinformationen.
MANA-Verlag: Beschreiben Sie Naturwunder Neuseeland in einem Satz:
Sissi Stein-Abel: Es erlaubt dem Leser, die Natur Neuseelands nicht nur zu erleben, sondern auch zu verstehen.
MANA-Verlag: Wie sind Sie darauf gekommen, dieses Buch zu schreiben?
Sissi Stein-Abel: Ich habe mich schon immer für die Natur interessiert, habe mich auch journalistisch mit einigen Themen beschäftigt, so dass es nur natürlich war, dieses Wissen zu vertiefen.
MANA-Verlag: War es schwer das Buch zu schreiben und wer hat Ihnen geholfen?
Sissi Stein-Abel: Natürlich sind einige Themen schwierig, ganz besonders, wenn es um wissenschaftliche Details geht. Deshalb habe ich viele Fachbücher gelesen und Experten interviewt oder um Hilfe gebeten, wenn es um wissenschaftliche Fragen ging, die über mein Wissen als Alltagsgeologin, Hobby-Botanikerin, Vogelliebhaberin und engagierte Umweltschützerin hinausgingen. Der deutsche Geologe und Gletscher-Experte Stefan Winkler, der damals an der Universität von Canterbury in Christchurch lehrte, hat mich mit Fachbüchern versorgt, geduldig all meine Fragen beantwortet und die Geologie-Kapitel gegengelesen, damit auch wirklich alles korrekt dargestellt ist. Er war eine unbezahlbare (und unbezahlte!) Hilfe. Es ging ja auch darum, kein Fachchinesisch wiederzukäuen, sondern komplizierte Zusammenhänge verständlich darzustellen.
MANA-Verlag: Wo und wie schreiben Sie?
Sissi Stein-Abel: An meinem Schreibtisch oder am Esstisch, mit Blick aufs Meer und die Berge. Das ist zwar inspirierend, kann aber auch ablenken, wenn man Wolken und Boote beobachtet. Am liebsten arbeite ich, wenn ich eine Deadline habe, ich habe gerne den Druck, den ich von früher vom Redaktionsschluss her gewöhnt bin. Ansonsten bummle ich und mache zwischendurch tausend andere Dinge.
MANA-Verlag: Was mögen Sie an Neuseeland besonders?
Die Weite und die geringe Bevölkerungsdichte, die große Entfernung von den Flüchtlingsproblemen in Deutschland und der Terrorgefahr. Und dass Sushi hier so billig ist.
MANA-Verlag: Was mögen Sie in Neuseeland so gar nicht?
Den fahrlässigen Umgang mit Natur und Umwelt, das Märchen vom grünen, sauberen Land, die schlechten Autofahrer, ausländerfeindliche Gesetze wie die faktische Konfiszierung ausländischer Beitragsrenten, total überzogene Preise im Tourismus, der extreme Nationalstolz, inklusive dem unterschwelligen Rassismus. Dass das halbe Land eingezäunt ist, selbst wenn auf manchen dieser riesigen Farmlandschaften nur zwei bis fünf Schafe weiden; deshalb sind viele Berge und Hügel unerreichbar und die Leute müssen am Straßenrand joggen. Dass es nur ganz wenig sichere Radwege gibt. In vielen Bereichen herrscht eine beeindruckende Inkompetenz, aber das darf man nicht sagen. Man muss sagen, die Leute sind „laid back“ …
Irgendwann nervt es auch, wenn einen jeder fragt, wie es einem in Neuseeland gefällt, weil nur eine Antwort erlaubt ist: “Ganz großartig! Es ist das tollste Land der Welt und hat die freundlichsten Menschen der Welt.“ Wenn man hier lebt, ist vieles ganz anders, als wenn man als Tourist unterwegs ist. Als Tourist sieht man nur die Fassade, das betrifft Umwelt und Menschen. Nicht zu vergessen: die schlecht isolierten, kalten Häuser, fehlende Zentralheizung. Der Winter fühlt sich trotz angenehmer Außentemperaturen drinnen ziemlich eisig an.
Am schlimmsten sind jedoch die Erdbeben. Wenn man das erlebt, denkt man eine Weile nicht mehr an all die anderen Dinge, die man nicht mag.
MANA-Verlag: Welches ist Ihr Lieblingsplatz in Neuseeland?
Sissi Stein-Abel: Bevor die Uferregion bebaut und verwüstet wurde, war es der Lake Tekapo. Jetzt die Banks-Halbinsel vor der Haustür, ganz besonders Okains Bay und Akaroa (wenn nicht gerade ein Kreuzfahrtschiff seine Passagiere ausspuckt), die Port Hills, Castle Hill, Karamea, der Paku Hill in Tairua auf der Coromandel-Halbinsel, die Otago-Halbinsel, die Catlins … Ich habe in jeder Region einen Lieblingsplatz.
MANA-Verlag: Haben Sie ein Lieblingstier in Neuseeland?
Sissi Stein-Abel: Bloß eins? Graufächerschwanz, Kea, Zwergpinguin, Seebärenkinder.
MANA-Verlag: Der Titel Naturwunder Neuseeland bedeutet für mich …
Sissi Stein-Abel: … einen Bruchteil dessen, was in dem Buch steht.
MANA-Verlag: Was ist der größte Unterschied zwischen Neuseeland und Deutschland?
Sissi Stein-Abel: Während die Deutschen ein Problem damit haben, Nationalstolz zu empfinden und vor allem zu zeigen, platzen die Neuseeländer vor Selbstverliebtheit und sind auf jeden Furz stolz, der in Neuseeland gelassen wird. Auch das unterentwickelte Geschichtsbewusstsein in diesem jungen Land ist gewöhnungsbedürftig. Der typische Neuseeländer denkt praktisch, nicht ästhetisch, das schlägt sich auch in der Architektur nieder. Viele Leute kleiden sich extrem schlampig, manche gehen im Schlafanzug und Morgenmantel in den Supermarkt. Viele haben schlechte Zähne, weil die staatliche Krankenversicherung Zahnmedizin nicht bezahlt. Ansonsten sind viele Probleme global und sehr ähnlich, angefangen beim Drogenkonsum bis hin zur Gewaltbereitschaft von Jugendlichen.
MANA-Verlag: Gibt es in Deutschland Plätze, die Sie an Neuseeland erinnern?
Sissi Stein-Abel: Das neuseeländische Konsulat in Berlin. (Aber nur wenn man das Schild findet …)
MANA-Verlag: Und umgekehrt: Gibt es in Neuseeland Plätze, die Sie an Deutschland erinnern?
Sissi Stein-Abel: Die deutsche Botschaft in Wellington … Die Deutsche Bucht (Takamatua) bei Akaroa, wo nach der Ankunft des Schiffes Comte de Paris (mit vielen Franzosen, aber auch einigen Deutschen) eine kleine deutsche Kolonie entstand – aber wenn man’s nicht weiß, merkt man’s nicht. Ansonsten eher Fehlanzeige. Selbst die Südalpen sind anders als die Alpen, weitaus weniger zugänglich, keine echten Passtraßen, kein Alpenvorland. Aber immerhin: blaue Berge und einige Gletscher …
MANA-Verlag: Können Sie unseren Lesern einen guten Tipp zum “Ãœberleben" in Neuseeland verraten?
Sissi Stein-Abel: Go with the Flow. Neuseeländer nicht kritisieren, sonst ist man gleich unten durch. Hin und wieder Brezeln, Currywurst und Schwarzwälder Kirschtorte im Café Berlin in Christchurch essen oder Wurst vom Black Forest Butcher in Tauranga. Care-Pakete mit Produkten von Dr. Oetker, aus dem Gummibärenland und den deutschen Drogeriemärkten schicken lassen. Möglichst wenig Rad fahren, denn das ist hier mangels eines echten Radwegenetzes und der Rücksichtslosigkeit der Autofahrer lebensgefährlich – trotz der Werbekampagnen pro Rad. Ich radle in Deutschland wie ein Weltmeister, aber hier nur auf abgesperrten Strecken (z.B. Otago Rail Trail, Little River Rail Trail) und Mountainbike-Tracks.
MANA-Verlag: Würden Sie noch einmal nach Neuseeland auswandern?
Sissi Stein-Abel: Nein, auf keinen Fall. Ich würde nirgendwohin auswandern, wenn ich dafür meine finanzielle Unabhängigkeit aufgeben müsste, so wie es bei mir der Fall war. Nach Neuseeland auszuwandern lohnt sich nur für wohlhabende Leute, denen die hohen Preise im Land nichts anhaben können und die (wegen des Rentenabzugs) nicht auf ihre Rente aus Deutschland angewiesen sind, und für junge Leute, die nichts zu verlieren haben und definitiv nicht nach Deutschland zurückkehren wollen (weil sie bei einer Rückkehr vor dem 65. Lebensjahr keinen Cent Rente aus Neuseeland bekommen).
MANA-Verlag: Was machen Sie am liebsten?
Sissi Stein-Abel: Sport treiben (Leichtathletik, Jogging, Fitnessstudio), Bergwanderungen unternehmen, zügig am Strand marschieren, Musik hören, im Garten arbeiten, die Natur erforschen, Vögel beobachten, fotografieren, reisen, Fremdsprachen und internationale Freundschaften pflegen, mit meinem Reisebär auf große und kleine Plüschtier-Treffen gehen – dort trifft man Gleichgesinnte, die nicht alles tierisch ernst nehmen.
MANA-Verlag: Was bringt Sie so richtig auf die Palme?
Sissi Stein-Abel: Wenn Neuseeländer an einer Kreuzung mit Ampel nicht in die Mitte der Kreuzung vorfahren, sondern an der Haltelinie stehen bleiben, bis die Ampel wieder auf Rot schaltet und deshalb kein einziges Auto abbiegen kann.
MANA-Verlag: Was wollten Sie als Kind werden?
Sissi Stein-Abel: Sportjournalistin. Das bin dann ja auch geworden.
MANA-Verlag: Haben Sie auch schon andere Bücher veröffentlicht?
Sissi Stein-Abel: Ja, vor einigen Jahren. Zunächst einen Radtourenführer “Zwischen Jagst und Donau“, dann – zusammen mit einer Freundin – ein humorvolles Koch-/Lesebuch mit dem Titel: “Kulinarisches Vorspiel – 16 Männer à la carte“. Beide sind leider vergriffen. Höchste Zeit, das Kochbuch neu aufzulegen. Außerdem habe ich Liebesgedichte veröffentlicht, bislang aber nur als E-Books (Kindle). Es ist eine Serie unter dem Titel “Liebeslagen“, zu erhalten auf Amazon.
MANA-Verlag: Die Zukunft sollte …?
Sissi Stein-Abel: … friedlicher werden, frei von religiösem Fanatismus, Populismus, Nationalismus, politischer Scharlatanerie. Einfach leben und leben lassen. Entspannt und weniger hektisch. Und vielleicht wieder ein bisschen mehr in der realen Welt leben und nicht in einem Online-Lala-Land. Echte Freundschaften pflegen, von Angesicht zu Angesicht kommunizieren und nicht virtuelle Beziehungen für das richtige Leben halten.
Vielen Dank für das Interview!