Hoch oben im Norden
Betrachtet man eine Karte von Norwegen, so stellt man fest, dass es ein ausgesprochen langes Land ist. Das zieht mehrere Konsequenzen nach sich. Zum einen bedingt es wirklich weite Wege, zum anderen bedeutet es auch, dass Norwegen sich über verschiedene Klimazonen erstreckt. Der Golfstrom sorgt zwar dafür, dass es an Norwegens Küsten durchweg relativ mild ist. Doch im Landesinneren schwindet die wärmende Wirkung des Golfstroms, sodass hier kontinentales Klima für wärmere Sommer und wirklich eisige Winter sorgt. Die Hochebenen sind deshalb entsprechend dünn besiedelt, nur in den Tälern findet man mehr Bewohner.
Insgesamt bietet der Süden des Landes in den Küstenregionen das freundlichste Wetter, weshalb hier auch die meisten Leute wohnen. Doch auch an den Küsten hoch im Norden leben Menschen. Hier, bei den Inseln von Lofoten, Vesterålen und in der Barentssee, gibt es nämlich ausgesprochen reiche Fischgründe. Bis zur Entdeckung der fossilen Rohstoffe lebten die Bewohner dieser Regionen fast ausschließlich vom Fischfang. Besonders in den Wintermonaten hat die Fischerei Hochkonjunktur, doch die Fischer lebten in dieser Zeit völlig abgeschieden, da es Verbindungswege weder über Land noch über das Wasser gab.
Foto: Almut Irmscher
Hurtig – die Post ist da!
1893 nahm die erste fahrplanmäßige Schiffsverbindung zwischen Trondheim und Hammerfest mit insgesamt neun Zwischenstopps ihre Fahrt auf. Der Kapitän, der sich dies zutraute, hatte die Strecke zuvor elf Jahre lang penibel in Augenschein genommen und genaueste Aufzeichnungen angefertigt. Deshalb wagte er es nun auch, bei völliger Dunkelheit zu fahren. Dass die Schiffe zu allen Jahreszeiten ununterbrochen unterwegs sein würden, gewährleistete eine rasche und zuverlässige Postzustellung. Und nur, wenn diese Bedingung erfüllt wurde, gewährte der Staat die entsprechenden Subventionen. Schnell – hurtig – sollte die Post auf der Route vorankommen, mit einem Wort: Hurtigruten!
Die Postschiffe wurden schnell zur hoch geschätzten Institution. Denn natürlich transportierten sie nicht nur die Post, sondern auch allerhand Dinge des täglichen Bedarfs. Und mehr noch: Sie nahmen auch Passagiere an Bord.
Das Leben der Menschen im Norden änderte sich grundlegend, und es änderte sich für ganz Norwegen. Denn erstmals empfanden sich alle Norweger als Einheit miteinander verbunden. Auf einmal war es kein Problem mehr, fernab gelegene Landesteile zu besuchen und Kontakte mit den dort lebenden Landsleuten zu pflegen.
Foto: Almut Irmscher
Eine der schönsten Kreuzfahrt-Routen
Seit den Neunzigerjahren des letzten Jahrhunderts erfreuen sich die Postschiffe auch unter Reisenden immer größerer Beliebtheit. Denn nun gab es komfortable Kabinen, hervorragende Verpflegung und ein ansprechendes Rahmenprogramm. Touristen aus aller Welt entdecken die Hurtigruten für sich. Die Fahrt durch die norwegischen Fjorde gilt als eine der schönsten Kreuzfahrten der Welt und ist entsprechend begehrt, auch wenn sie nicht gerade zu den Schnäppchenangeboten der Branche zählt. Rund 450.000 Fahrgäste begeben sich heutzutage – zumindest in coronafreien Zeiten – alljährlich an Bord eines der Schiffe, die so schöne Namen wie „Midnatsol“, „Polarlys“ oder „Trollfjord“ tragen.
Almut Irmscher
Wenn Sie mehr über die Hurtigruten oder das Land der Trolle und Fjorde lesen möchten, werfen Sie doch einen Blick in das Norwegen-Lesebuch von Almut Irmscher.