Die Küste der Gegensätze
Die Versilia ist die wilde Seite der Toskana: Selbst die Olivenbäume sehen hier anders aus. Denn hier werden sie nicht gestutzt, um reichere Ernte herbeizuführen, deshalb haben sie ein struppiges, eigensinniges Aussehen. Das Ungestüme hat Tradition in der Versilia, dem schmalen Landstrich zwischen dem Tyrrhenischem Meer und den Apuanischen Alpen.
Ihr 32 Kilometer langer und bis zu 200 Meter breiter feinsandiger Strand zieht sich an der nördlichen Küste der Toskana entlang, südlich von La Spezia und den ligurischen Cinque Terre. Östlich des schmalen Küstenstreifens ragen die steilen Bergketten der Apuanischen Alpen aus der Ebene empor und schaffen eine dramatische Kulisse hinter den gepflegten Strandbädern, den edlen Restaurants, Hotels und Boutiquen der Küstenorte. Die bizarren, markanten Gipfel wirken aus der Ferne wie von frischem Schnee überzogen, doch handelt es sich hier um den berühmten weißen Marmor von Carrara, der seit der Antike in großen Steinbrüchen hoch oben im Gebirge gewonnen wird.
Foto: Almut Irmscher
Waren es zunächst Künstler, die die Schönheit der Region entdeckten, so entdeckten ab Mitte des vergangenen Jahrhunderts auch zunehmend Reisende die Reize der Gegend. Die alten Hafenstädtchen begannen, sich zu Badeorten zu entwickeln.
Allen voran Forte dei Marmi avancierte zu einem der meistbesuchten und mondänsten Strandbäder Italiens. Charakteristisch ist sein weit ins Meer hineinragender Landesteg Pontile, der im 16. Jahrhundert zum Verladen von Marmor errichtet wurde. Die zu dessen Schutz errichtete kleine Festung Forte dei Marmi, 1788 von Leopold I. erbaut, gab dem Ort seinen Namen.
Die Küstenstadt Viareggio
Strandpavillons zwischen Klassizismus und Jugendstil prägen das Bild von Viareggio, einem alten Fischer- und Seefahrerort. Im 15. Jahrhundert erhielt der Ort von den Bewohnern der nahen Stadt Lucca eine Festung. Daraufhin entstanden Werften, wodurch der Ort zunehmend Bedeutung erlangte. In diesen Werften werden heutzutage teure Luxusyachten gebaut.
Besonders berühmt ist Viareggio für seinen Karnevalszug. Mit wortreichen Kommentaren begleiten die Viaregginer die bunten Wagen auf ihrem hindernisreichen Weg durch die engen Gassen der Altstadt, auf dem es schon einmal nötig werden kann, ein Brückengeländer abzumontieren. Und weil das ganze Spektakel so schön ist, wird es im Sommer im Rahmen des Sommerkarnevals einfach noch einmal wiederholt.
Zwischen Viareggio im Süden und Marina di Carrara im Norden gehen die Strandbäder fast nahtlos ineinander über. Zwischen ihren Parzellen liegen aber auch frei zugängliche Strandabschnitte. In den kühleren Monaten werden die bunten Reihen der Liegestühle abgeräumt, die Strände lichten sich und werden frei für ausgedehnte, stimmungsvolle Strandspaziergänge.
So hat sich die Versilia zu einer der vielseitigsten Ferienregionen Italiens entwickelt. Die hübschen, von hohen Pinien geprägten Badeorte und der feinsandige Strand locken die Touristen, die sanft abfallende Küste macht das Plantschen im Meer auch für Kinder zum Vergnügen. Wer Ruhe und Erholung sucht, wählt die nahen Bergregionen, in deren Wäldern und Naturschutzgebieten herrliche Spaziergänge möglich sind. Und dennoch ist es von hier aus nicht weit zu den Stränden oder zum pulsierenden Nachtleben an der Küste.
Das vielfältige kulinarische Angebot ist natürlich von Fischgerichten geprägt. Die Versilianer verbinden gerne die Zutaten aus Meer und nahen Bergen. „Mare e monti“ heißt dieser Mix aus Meerestier und erdiger Kost: Scampi mit Pilzen, Oktopus mit Mohn.
Almut Irmscher
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Angaben zum Headerbild:
Carlo Pelagalli, Wikimedia Commons, cc-by-sa 3.0
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